Die Dörfer der Kolonisierung in der Extremadura
Die „Pueblos de Colonización“ wurden mit dem Ziel ins Leben gerufen, ausgedehnte Trockengebiete Spaniens in fruchtbares Land umzuwandeln. Angang der 1950er Jahre, mitten in der Zeit der Franco-Diktatur, wurde damit begonnen, dieses gigantische Vorhaben in die Tat umzusetzen. Unter der Federführung des "Instituto Nacional de Colonización" (INC) wurde die Kulturlandschaft ganzer ländlicher Regionen völlig umgestaltet.
In der Region Extremadura wurden zwischen 1952 und 1975 in den Einzugsgebieten der Flüsse Tajo und Guadiana 63 „Pueblos de Colonización“, samt der erforderlichen Infrastruktur und der zwingend notwendigen Bewässerungskanäle vollkommrn neu gebaut.
Insgesamt entstanden in ganz Spanien etwas mehr als 300 neue Dörfer, deren Grundriss, Struktur und Architektur sich grundlegend von den in Jahrhunderten gewachsenen, traditionellen Dörfern unterscheidet. Etwa 60.000 Familien - angeworben und beaufsichtigt vom "Instituto Nacional de Colonización" - zogen in die neuen Dörfer und verwandelten unter großen Mühen das ausgedörrte Land in fruchtbare Felder.
Diese Bildstrecke lädt dazu ein, die faszinierende Welt dieser „Pueblos de Colonización“ zu entdecken, ihre Geschichte zu erkunden und die einzigartige Architektur dieser Dörfer zu bewundern.
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Der urbane Raum und die Architektur der Dörfer
Die Planung und Gestaltung der „Pueblos de Colonización“ folgten einem modernen und funktionalen Ansatz mit einem klaren urbanen Konzept, das sich grundlegend von den traditionellen Dörfern Spaniens unterscheidet.
Die Architektur der neuen Dörfer zeichnet sich durch eine Mischung aus traditionellen und modernen Elementen aus. Mit Hilfe von regionalen Materialien und modernen Bautechniken wurde angestrebt, kostengünstige und funktionale Wohngebäude zu schaffen, die den Bedürfnissen der Bewohner gerecht wurden. Moderne Kirchen und öffentliche Gebäude wurden als markante Symbole des Fortschritts und der Zugehörigkeit zu einer neuen Gemeinschaft gestaltet. Die Türme der Kirche stehen in vielen Dörfern isoliert neben der eigentlichen Kirche. Sie erheben sich als markante Symbole in den Himmel und dienen den Bewohnern und Besuchern heute noch als Orientierungspunkte.
Vegaviana und Entrerrios sind herausragende Beispiele für den modernen Gestaltungsansatz ihrer Planer . Der spanische Architekt José Luis Fernández del Amo kombinierte in Vegaviana traditionelle Elemente mit modernen Prinzipien. Er plante eine funktionale, nachhaltige und ästhetisch ansprechende Siedlung, die den sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnissen der Bewohner gerecht wird. Außerdem nutzte er lokale Materialien, um die Siedlung harmonisch in die Landschaft zu integrieren, Baukosten zu senken und die Nachhaltigkeit zu fördern.Sein Planungskonzept ist ein bedeutendes Beispiel für innovative Architektur und Stadtplanung im Spanien des 20. Jahrhunderts.
Vegaviana weist einen geometrischen Grundriss auf, der klar definierte Bereiche für Wohnen, Landwirtschaft, Gemeinschaft und Dienstleistungen vorsieht. Die Straßen sind rechtwinklig angelegt. Das Zentrum bildet der Plaza mit wichtigen öffentlichen Gebäuden wie Kirche, Rathaus und Geschäften. Die Wohnhäuser und Nebengebäude der Siedler sind in Reihen und Blöcken angeordnet, einfach, aber funktional gestaltet. Die Architektur zeichnet sich durch klare, schlichte Linien ohne überflüssige Verzierungen aus. Das Grundstück eines Siedlers war bis zu 650 Quadratmeter groß, rechteckig und durch eine hohe Mauer vom direkt anschließenden Nachbargrundstück abgegrenzt. An den Schmalseiten des Rechtecks befanden sich das Wohnhaus und gegenüberliegend auf der anderen Schmalseite das landwirtschaftliche Nebengebäude mit einem großen Hoftor. Meist blieb dazwischen Raum für einen relativ großen Innenhof. Das Wohnhaus hatte entweder ein oder zwei Stockwerke. Diese Grundstruktur der Siedlungsgrundstücke ist in der Regel in allen Dörfern zu finden.
Ein bedeutender Aspekt von Vegaviana ist die Einbeziehung der ortstypischen, bereits vor der Planung vorhandenen Eichenbäume. Durch ihre Integration wird das ökologische Gleichgewicht bewahrt und ein angenehmes Mikroklima geschaffen.
Mit dem Dorf Entrerrios gelang dem spanischen Architekten Alejandro de La Sota ein ähnlicher Planungserfolg. Entrerrios hat einen konkaven Grundriss. Das zentrale Element des Dorfes ist der ungewöhnlich große Platz (Plaza) zwischen Rathaus und Kirche. Ein derart riesiger öffentlicher Raum ist für ein Dorf äußerst ungewöhnlich und erstaunt jeden Besucher. Der Plaza wird auf einer Seite durch lange, reizvolle Arkaden begrenzt, die alle öffentlichen Gebäude miteinander verbinden. Vom Plaza ausgehend erfolgt die Bebauung in konzentrischen Kreisen.
Entrerrios wurde 1955 für 122 Siedler gebaut. Heute leben weniger als 1000 Menschen in dieser kleinen Gemeinde.
Der ursprüngliche Ortskern umfasste das Rathaus, die Kirche und das Priesterhaus, die Schule und zwei Lehrerhäuser, das Büro mit dem Haus des Arztes sowie vier Geschäfte. Die Kirche ist eines der Wahrzeichen des Ortes. In zylindrischer Form erbaut und mit unverputzten Ziegeln verziert, ist sie bis heute ein architektonisches Unikat.
Der ursprüngliche Ortskern umfasste das Rathaus, die Kirche und das Priesterhaus, die Schule und zwei Lehrerhäuser, das Büro mit dem Haus des Arztes sowie vier Geschäfte. Die Kirche ist eines der Wahrzeichen des Ortes. In zylindrischer Form erbaut und mit unverputzten Ziegeln verziert, ist sie bis heute ein architektonisches Unikat.
Sowohl José Luis Fernández del Amo als auch Alejandro de La Sota wollten eine Architektur schaffen, in deren Mittelpunkt die Menschen stehen, die sie bewohnen. Beiden ist dies mit ihren jeweiligen Planungskonzepten überaus gut gelungen.
Quellen:
Ana Amado/Angrés Patiño: "HABITAR EL AGUA", 2022
Ana Amado/Angrés Patiño: "Pueblos de colonización. Miradas a un paisaje inventado", 2024
Copyright: Robert Schlaug, 2024
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